Baumarten
Eberesche
(Sorbus aucuparia)
"Kaan schinnern Bam gibt’s wie ann Vugelbeerbaam, Vugelbeerbaam, Vugelbeerbaam...“ sagt ein Erzgebirgler-Lied (Max Schreyer 1887, zit. nach [4]). Und tatsächlich hat der Charakterbaum des Erzgebirges viel zu bieten: Hübsche gefiederte Blätter (daher Eberesche, wohl von aber = veraltet für falsch, also "falsche Esche" [3)) und üppige weiße Blütendolden. Später erscheinen dann die leuchtend roten Beeren, oft auch eine feurige, kräftige Herbstfärbung. Im Winter kann in den Hochlagen Eis-Anhang ("Anraum“) die Bäume kristallweiß einkleiden.
Ebereschen stellen keine großen Ansprüche an den Boden bzw. die Nährstoffversorgung, werden in geschlossenen Waldbeständen aber meist ausgedunkelt. In großen Waldlichtungen, an Waldrändern und auf Steinrücken kann man Ebereschen ("Vogelbeeren“ sind ja eigentlich die Früchte) hingegen sehr häufig finden. Auch als Allee-Baum spielt die Eberesche im Erzgebirge eine große Rolle. Vergleichsweise junge, lange Ebereschen-Reihen finden sich z.B. bei Lauenstein.
In früheren, ausgedehnten Waldschadensflächen sind besonders große Bäume zu finden, die aber vielfach schon vergreist und überaltert sind. Ebereschen werden nicht alt; sie erreichen wohl höchstens 150 Jahre und eine Höhe von maximal 25 m [3], im Erzgebirge bleibt sie kleiner. Leider machen viele Ebereschen in den letzten Jahren keinen guten Eindruck mehr, fruchten wenig und wirken oft sehr "zerrupft“ und zeigen viele dürre Zweige. Ob zunehmender Hitze- und Trockenstress oder noch andere Faktoren die Ursache sind, ist noch nicht vollständig geklärt.
Auch ökologisch sind Ebereschen sehr wertvoll; so trägt ihre Laubstreu zur Bodenverbesserung bei [3], und als Pionierbäume, die von Vögeln weit verbreitet werden, können sie große Schadflächen schnell besiedeln und gute Bedingungen für nachfolgende größere Waldbäume schaffen [6]. Der Name "Vogelbeeren“ kommt nicht von ungefähr; es sind nicht weniger als 63 Vogelarten bekannt, die die Früchte nutzen [7]. Vor allem in feucht-kühlen Hochlagen kann auch der Bewuchs mit Moosen und Flechten üppig sein. In den oft noch stark "verfichteten“ Wäldern haben solche Laubbäume eine hohe Bedeutung für jene Arten, die auf Fichten kaum vorkommen und aufgrund der früheren Luftverschmutzung lange verschwunden waren [1].
Für den menschlichen Gebrauch sind die Früchte wilder Ebereschen etwas bitter, auch wenn man sie mit Kochen, Frosten und Trocknen genießbar machen kann [2]. Besser geeignet sind Auslesezüchtungen ohne Bitterstoffe (Sorten der Mährischen Eberesche, Sorbus aucuparia ssp. moravica [5]). Kenner schätzen auch das schön gemaserte, vielseitig verwendbare Holz der Eberesche, das in der Festigkeit teils mit Eiche vergleichbar ist [3].
Quellen:
[1] Baumann, M., Dittrich, S. & von Oheimb, G. 2022. Recolonization of epiphytic bryophytes after decades of air pollution in forest ecosystems in the Erzgebirge (Ore Mountains) shows the importance of deciduous trees for the diversity of this species group. – Forest Ecology and Management 509: 120082.
[2] Grüne Liga Osterzgebirge Hg. 2018. Ein Streifzug durch Hecken und Gebüsche. – Dippoldiswalde: 28 S.
[3] Maier, J. 1997. Sorbus aucuparia Linné, 1753. – Enzyklopädie der Holzgewächse III-2, 9. Erg.Lfg. 9/97: 1-16.
[4] Roloff, A. Hg. 2020. Die starken Bäume Deutschlands. Wiebelsheim: 272 S.
[5] Schmidt, P.A. & Klausnitzer, U. 2001. Die Baum- und Straucharten Sachsens – Charakterisierung und Verbreitung als Grundlagen der Generhaltung. – Schriftenreihe der Sächsischen Landesanstalt für Forsten 24: 1-106.
[6] Tiebel, K., Karge, A., Huth, F., Wehnert, A., & Wagner, S. 2017. Naturverjüngungspotenziale von Pionierbaumarten für die Wiederbewaldung von Sturmwurfflächen nutzen. – Forstarchiv 88: 138.
[7] Turček, F.J. 1961. Ökologische Beziehungen der Vögel und Gehölze. – Bratislava: 331 S.