Baumarten
Rot-Buche
(Fagus sylvatica)
Buchen wären von Natur aus die großflächig dominierende Baumart in Sachsen und meiden nur sehr trockene, staunasse bis gewässernahe und stark frostgefährdete Lagen. Sie kommen von den Tieflagen bis vereinzelt sogar in den Kammlagen des Erzgebirges vor [7]. Aufgrund der jahrhundertelangen Wald-Übernutzung, gefolgt von den großflächigen Nadelholz-Aufforstungen des 19. Jahrhunderts, ist von den einstigen Buchenwäldern nur noch ein Bruchteil erhalten, in den 2000er Jahren betrug der Anteil an der Gesamtwaldfläche Sachsens gerade noch 2,9 %. Seit den 1980er Jahren steigt der Anteil jedoch stetig an, da insbesondere die Nadelforste, auch im Osterzgebirge, verstärkt zu Laub- und Laubmischwäldern umgebaut werden [7].
Auch die Nutzung der Buche hat sich im Lauf der Zeit stark gewandelt: Spielte sie lange Zeit nur eine Rolle als Brennholz, wird ihr Holz inzwischen auch als Werkholz (z.B. Spielzeug, Möbel, Parkett, Furnier) oder als Grundstoff für andere Holzprodukte gebraucht [2]. Fast vergessen ist die Nutzung von Bucheckern zur Öl-Gewinnung. Bucheckern können auch roh gegessen werden, können aber in (sehr) großen Mengen zu Vergiftungen führen [2]. Heute sollte man sie eher der Tierwelt überlassen; neben den großen und kleinen Säugetieren (z.B. Eichhörnchen, Mäuse, Schwarzwild) sind immerhin mindestens 26 Vogelarten bekannt, die Bucheckern nutzen [9].
Nur wenige, teils recht kleine Naturschutzgebiete geben uns heute noch einen Eindruck von dem Aussehen naturnaher Buchenwälder, in denen andere Baumarten nur eine geringe Rolle spielen. Allgemein gelten ungenutzte Buchenwälder als sehr dunkel mit spärlichen Unterwuchs; das ist aber eine Frage der Waldentwicklungsphase. Mit der Zeit und fortschreitendem Alter der Bäume werden die Bestände zunehmend lichter. So sind die Alters- und Zerfallsphasen von einer besonders großen Vielfalt von Pilzen, Pflanzen und Tieren gekennzeichnet [4, 10]. Umso wichtiger ist es, auch in Wirtschaftswäldern für die Biodiversität entscheidende Elemente zu erhalten, insbesondere große Alt-Buchen mit wertvollen Habitatstrukturen und starkes stehendes und liegendes Totholz [10].
Rot-Buchen entwickeln sich zu großen Bäumen, die im Freistand sehr ausladende, tief ansetzende Kronen entwickeln, während sie in geschlossenen Wäldern bis über 25 m lange, astfreie Stämme bilden. Dabei bildet das dunkelgrüne Laub einen ansprechenden Kontrast zu den silbergrauen, lange glatt berindeten Stämmen. Rot-Buchen können unter optimalen Bedingungen bis zu 45 m hoch werden; als physische Altersgrenze werden 200 bis 250 Jahre für Buchen-Urwälder genannt [2], im Osterzgebirge gibt es aber auch einzelne Buchen, die älter sind. Aus ökologischer Sicht, zum Beispiel für spezialisierte Flechten und Moose, werden Rot-Buchen überhaupt erst ab einem Alter von über 180 Jahren wirklich geeignete Habitate – dieses Alter wird in Wirtschaftswäldern aber kaum erreicht [3].
Die Rot-Buche ist eine Schattbaumart, die auch im Schatten geschlossener Bestände noch keimt und hier mit einem Bruchteil des Lichteinfalls im Freiland auskommt. Andererseits benötigt sie auch ein geschütztes Waldinnenklima und vermag größere Freiflächen nicht zu besiedeln [2]; hier folgt sie Pionierbaumarten, die lichtbedürftiger sind und schneller wachsen. Samen, die kleinen Eckern, werden nicht in jedem Jahr gebildet; solche "Mastjahre“ mit vollem Samen-Ansatz bedeuten für die Bäume eine große Kraftanstrengung, so dass das Wachstum in diesen Jahren deutlich niedriger ist [2]. Allerdings treten Mastjahre in der letzten Zeit in immer kürzeren Abständen auf, möglicherweise induziert durch vorhergehende Spätfröste und verstärkt durch einen höheren Blütenansatz in warmen und trockenen Sommern [5].
Verstärkt seit 2018 ist infolge der langen Trockenperioden ein verstärktes, vorzeitiges Absterben von Alt-Buchen zu beobachten, die dann aufgrund von Pilzbefall rasch, und bisweilen ohne einen Windhauch, krachend in sich zusammenbrechen. Abgesehen von der Fichte, wurden Buchen in den Dürrephasen ab 2018 am stärksten geschädigt [8]. Der verstärkte Anfall von Totholz wie auch die Zunahme geschwächter und vergreister Buchen führt zu einer sprunghaften Zunahme daran gebundener Arten wie Pilze und verschiedener Käfer. Zukünftig werden solche Bäume aber wohl fehlen, wenn viele der heutigen Jungbuchen ein fortgeschrittenes Alter nicht mehr erreichen. Auch in Wirtschaftswäldern wird eine Absenkung der (wirtschaftlich erwünschten) "Zielstärke“ von Bäumen diskutiert, um das ökonomische Risiko von Ausfällen zu minimieren [1]. Das würde jedoch eine Fällung der Buchen im noch geringeren Alter als heute bedeuten!
Auch wenn die Zukunft der Rot-Buche und unserer Buchenwälder alles andere als rosig aussieht, wird das Erzgebirge wohl mittelfristig doch (wieder) stärker zum "Buchengebirge“ werden. In tieferen Lagen, zumal an trockeneren Standorten, werden die Anteil anderer Baumarten aber gegenüber der Buche deutlich zunehmen. Umso mehr wird man alte Einzel-Bäume und alte Buchenbestände verstärkt schützen und bewahren müssen. Dazu gehört sicherlich auch, es verbliebenen Alt-Buchen in Grünanlagen nicht durch Boden-Versiegelung und unsachgemäße Pflege unnötig schwer zu machen. Auch geschwächte Bäume sollten bei Ermessens-Spielräumen nicht schnellstmöglich abgesägt oder später wenigsten als Hochstubben und damit wertvolle Biotope so lange wie möglich stehen bleiben [6]. Im Wald wird man Bäume viel eher in Würde sterben lassen können – und mit einem konsequenten (nationalen wie internationalen) Klimaschutz noch viel mehr zur Erhaltung unserer Buchenwälder tun können, als es gegenwärtig der Fall ist.
Quellen:
[1] Başkent, E.Z. & Kašpar, J. 2023. Exploring the effects of various rotation lengths on the ecosystem services within a multiple-use management framework. – Forest Ecology and Management 538: 120974, https://doi.org/10.1016/j.foreco.2023.120974.
[2] Felbermeier, B. & Mosandl, R. 2002. Fagus sylvatica Linné, 1753. – Enzyklopädie der Holzgewächse III-2, 27. Erg.Lfg. 3/02: 1-20.
[3] Fritz, Ö., Niklasson, M. & Churski, M. 2008. Tree age is a key factor for the conservation of epiphytic lichens and bryophytes in beech forests. – Applied Vegetation Science 12: 93-106.
[4] Hilmers, T., Friess, N., Bässler, C., Heurich, M., Brandl, R., Pretzsch, H., Seidl, R. & Müller, J. 2018. Biodiversity along temperate forest succession. Journal of Applied Ecology 55: 2756-2766.
[5] https://www.baumpflegeportal.de/aktuell/strategie-baeume-mastjahre/ - letzter Zugriff: 4.11.2023
[6] https://naturschutz-und-denkmalpflege.projekte.tu-berlin.de/pages/leitfaden-biotopholz/massnahmen.php – letzter Zugriff: 4.11.2023
[7] Schmidt, P.A. & Klausnitzer, U. 2001. Die Baum- und Straucharten Sachsens – Charakterisierung und Verbreitung als Grundlagen der Generhaltung. – Schriftenreihe der Sächsischen Landesanstalt für Forsten 24: 1-106.
[8] Schuldt, B., Buras, A., Arend, M., Vitasse, Y., Beierkuhnlein, C. […], Kahmen, A. 2020. A first assessment of the impact of the extreme 2018 summer drought on Central European forests - Basic and Applied Ecology 45: 86-103.
[9] Turček, F.J. 1961. Ökologische Beziehungen der Vögel und Gehölze. – Bratislava: 331 S.
[10] Winter, S., Begehold, H., Herrmann, M., Lüderitz, M., Möller, G., Rzanny, M. & Flade, M. 2016. Praxishandbuch – Naturschutz im Buchenwald. Naturschutzziele und Bewirtschaftungsempfehlungen für reife Buchenwälder. Nordostdeutschlands. 2. Aufl. – Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin: 186 S.