Baumarten
Sommer-Linde
(Tilia platyphyllos)
Die Sommer-Linde unterscheidet sich schon mit ihrer lockeren, offeneren Verzweigung deutlich von der Winter-Linde. Auch sind ihre herzförmigen Blätter viel größer (bis handtellergroß) und deutlich behaart. Die duftenden Blütenstände hängen deutlich, und ihre Früchte sind sehr hart und kantig [2]. Wie die verwandte Winter-Linde gehört die Sommer-Linde zu den langlebigen Baumarten, mag um die 1000 Jahre erreichen und eine Höhe von über 40 m [2]. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet umfasst die Mittelgebirge Mitteleuropas, ostwärts reicht es bis Kleinasien und den Kaukasus, südlich bis Spanien, ganz Italien und den Balkan [2].
Die Sommer-Linde ist im Alter relativ lichtbedürftig [2]. Daher ist sie gegenüber der Rot-Buche an "normalen“, mittleren Standorten meist unterlegen, gilt vielmehr als Pionier "schwieriger“ Standorte wie Blockhalden und Steilhänge, an denen ihre Regenerations-Fähigkeit ihr Vorteile gegenüber der Buche verschafft [2]. Im Osterzgebirge erreicht sie in wärmebegünstigten bis frostgeschützten Lagen noch die submontane Stufe [6]. Wildvorkommen der Sommer-Linde sind im Naturraum recht selten, zumal ihr Nährstoffbedarf höher als bei der verwandten Winter-Linde ist [2]. Sie meidet daher vor allem stark saure und nährstoffarme Standorte. Bei den angepflanzten Linden, z.B. den noch zahlreichen "Dorflinden“ scheint das Verhältnis zwischen Sommer- und Winter-Linde ausgeglichener zu sein, vielleicht sogar mit einem leichten Übergewicht der Sommer-Linde.
Als Zierbaum gilt die Sommer-Linde teils als weniger attraktiv als die Winter-Linde, auch soll sie stärker von Blattläusen befallen sein [3]. Zudem ist die Sommer-Linde vor allem in den größeren Städten und an Straßen aufgrund ihres höheren Wasserbedarfs auch stärker von Trockenstress betroffen [4]. Das begünstigt hier auch Ausbrüche des Linden-Triebsterbens [7]. So spielt sie hier auch aufgrund des Klimawandels eine immer geringere Rolle. Auch die älteren Dorflinden zeigen zum Teil erhebliche Stress-Symptome, wirken im Osterzgebirge aber noch nicht stärker bedroht. Die wohl älteste Sommer-Linde im Naturraum (Schmorsdorf) zeigt mit über 800 Jahren noch guten Austrieb, und hat selbst das Dürrejahr 2022 noch ohne erkennbares Triebsterben überstanden.
Aus ökologischer Sicht hat die Sommer-Linde nahezu die gleiche Bedeutung wie die Winter-Linde; in der entsprechenden Literatur wird kaum zwischen den beiden einheimischen Arten unterschieden. Wie die Winter-Linde wird die Sommer-Linde von zahlreichen Pilzen besiedelt: "Eine tausendjährige Linde ist ohne ihre Pilze überhaupt nicht vorstellbar“ [1]: So treten einige Pilze als Mykorrhiza-Partner von Linden auf. Da das weiche Holz lebender Linden relativ pilzanfällig ist, werden Linden im Alter häufig hohl, was natürlich ihre Habitatqualität enorm erhöht. Es ist daher wohl kein Zufall, dass auch bei unseren Untersuchungen im Osterzgebirge eine Linde die meisten Mikrohabitate aufwies: nämlich die (teilweise hohle) Sommer-Linde am Schloss Bärenstein mit 20 verschiedenen, teils sogar mehrfach ausgebildeten, Mikrohabitat-Typen!
Die großen Stammhöhlen (wie auch aufgegebene Spechthöhlen) sind unverzichtbar für Fledermäuse und Bilche, wie auch größere Vögel wie den Waldkauz [5]. Das Laub dient als Raupenfutter für verschiedene Schmetterlinge, und die Früchte bzw. Samen von Sommer- und Winter-Linden werden von 13 Vogelarten genutzt [5, 8]. Die Blüten werden gern von Bienen, Hummeln und Schwebfliegen besucht. Auch die menschliche Nutzung der Sommer-Linde hat viel mit den Blüten zu tun, ob nun indirekt über Blütenhonig oder medizinische Anwendungen (Tee u.ä.) [2]. Demgegenüber ist die forstliche Bedeutung wohl geringer als bei der Winter-Linde, aber das weiche Holz ist in den technischen Eigenschaften der Winter-Linde ähnlich und in gleicher Weise zum Schnitzen verwendbar [2].
Quellen:
[1] Blaschke, M. & Nannig, A. 2016. Die Pilzwelt der Linde. – LWF Wissen 78: 53-57.
[2] Kniesel, B., Köhler, D. & Roloff, A. 2016. Tilia platyphyllos Scopoli, 1771. – Enzyklopädie der Holzgewächse III-2, 67. Erg. Lfg. 01/16: 1-20.
[3] Mitchell, A. & Wilkinson, J. 1997. Pareys Buch der Bäume. 3. Aufl. – Berlin, Wien: 271 S.
[4] Roloff, A. Hg. 2021. Trockenstress bei Bäumen. – Wiebelsheim: 288 S.
[5] Schmidt, O. & Bußler, H. 2016. Die Winterlinde als Lebensraum für Tierarten. – LWF Wissen 78: 60-65.
[6] Schmidt, P.A. & Klausnitzer, U. 2001. Die Baum- und Straucharten Sachsens – Charakterisierung und Verbreitung als Grundlagen der Generhaltung. – Schriftenreihe der Sächsischen Landesanstalt für Forsten 24: 1-106.
[7] Straßer, L. 2016. Stigmina-Triebsterben an Linde. – AFZ-DerWald 4/2016: 38-39.
[8] Turček, F.J. 1961. Ökologische Beziehungen der Vögel und Gehölze. – Bratislava: 331 S.