Baumarten
Süntel-Buche
(Fagus sylvatica var. suentelensis)
Unter den zahlreichen Varietäten der Rot-Buche ist die Süntel-Buche eine eher seltene, und zudem in der Natur entstandene. Ihren Namen erhielt sie nach dem Süntel, einen kleinen Mittelgebirge in Niedersachsen (Weserbergland). Hier wurde sie zuerst wissenschaftlich beschrieben, und hier kam sie früher sogar in größeren Beständen vor [3]. Ähnliche Formen finden sich aber auch in Frankreich und Schweden. Kennzeichnend sind die schlangen- bis zickzackförmig veschlungenen Äste und unregelmäßige bis glockenförmige, oft sehr dichte Kronen. Die als "Tortuosa“ bezeichneten Varianten gelten inzwischen als Auslese-Züchtungen der Süntel-Buche [7]. Selten treten auch rotlaubige Formen auf, die auf Kreuzungen mit Blut-Buchen zurückgehen.
Der letzte natürliche große Bestand wurde am Süntel 1843 abgeholzt, und Süntel-Buchen überlebten fast nur noch als Bäume in Gärten und Parkanlagen [2, 3]. Die Ursache und Ausprägung der Mutation haben seither viele Forscher beschäftigt. Der besondere Wuchs mit den verdrehten Ästen und den oft schon weit unten einsetzenden Stammteilungen geht u.a. auf die Doppel-Knospen am Ende der Triebe zurück. Süntel-Buchen erreichen kaum über 15 m Höhe, zumindest über 200 Jahre alte Exemplare sind belegt [5, 8]. Laub und Bucheckern der Süntel-Buchen unterscheiden sich dagegen kaum von den normal-wüchsigen Rot-Buchen.
Eine Bedrohung für die Süntel-Buche ist insbesondere die Kreuzung mit der Rot-Buche, da die Merkmale der Mutation dann nicht dominant vererbt werden. So zeigen nur wenige Nachkommen von Süntel-Buchen in Mischbeständen die typischen Merkmale, und in jedem Fall auch erst nach einigen Jahren. Um eine möglichst hohe genetische Diversität zu erhalten, werden insbesondere im Ursprungsgebiet die erhaltenen alten, teils absterbenden Mutterbäume nicht nur über Aussaat sondern auch durch Pfropfung und Stecklinge [4] vermehrt. Möglich sind auch Absenker, die bei den tiefhängenden Ästen öfter auftreten, während eine in-vitro-Vermehrung über Gewebeproben noch wenig erfolgreich war [1].
Sicherlich erhält kaum eine andere Buchen-Variante derzeit mehr Aufmerksamkeit; so kümmert sich der Freundeskreis Süntel-Buchen ehrenamtlich um die Erhaltung der Süntel-Buche insbesondere in ihrem Herkunftsgebiet [6]. Aber auch an vielen anderen Orten finden sich inzwischen einzelne, gepflanzte Süntel-Buchen, deren genaue Herkunft aber nicht immer geklärt ist [3]. Auch an den Naturstandorten werden inzwischen wieder Süntel-Buchen gepflanzt. Und auch im Osterzgebirge finden sich mindestens 4 Vertreter dieser skurilen Buchen-Mutation, deren Habitatpotenzial und Lebensgemeinschaften sich wohl nicht sehr stark von jenen der Rot-Buchen unterscheidet [2].
Quellen:
[1] Bonhagen, L. 2012. Untersuchungen zur In-vitro-Vermehrung und genetischen Diversität von Süntel-buchen (Fagus sylvatica var. tortuosa). Bachelorarb. Univ. Hannover.
[2] Dittrich, S., Schneider, M. & Frehse, I. 2023. Vom Süntel ins Osterzgebirge. Neue Forschungen an alten Süntel-Buchen – Söltjer 48: 63-74.
[3] Dönig, G. 2020. Süntel-Buchen Fagus sylvatica var. suentelensis in Deutschland, Frankreich, Dänemark, Schweden und sonst in Europa. 3. Aufl. – Ortsgruppe Bad Münder des Heimatbundes Niedersachsen e.V.: 482 S.
[4] Duwe, R., Richartz, S. & Winkelmann, T. 2022. Bewurzelung von Stecklingen wertvoller Altbäume nach Rejuvenilisierung durch serielle Veredlung – Versuche im deutschen Gartenbau 2022: 5 S.
[5] Gruber, F. 2002. Über Wachstum und Alter der drei bedeutsamsten Süntelbuchen (Fagus sylvatica L. var. suentelensis Schelle) Deutschlands. Teil 1: Die Kopfbuche von Gremsheim (Fagus sylvatica f. tortuosa-pendula). – Allgemeine Forst- und Jagd-Zeitung 173(11/12): 209-216.
[6] http://www.suentelbuche.info/freundeskreis-suentel-buchen---f-s-b-.html – letzter Zugriff: 1.11.2023
[7] Schmidt, P.A. & Schulz, B. (Hg.) 2017. Fitschen Gehölzflora, 13. Aufl. – Quelle und Meyer, Wiebelsheim: 996 S.
[8] Schröder, R. & Bauer, T. 2004. Süntelbuchen geben viele Rätsel auf. – Söltjer 29: 10-18.