Baumarten

Winter-Linde

(Tilia cordata)

Die wärmeliebende Winter-Linde gehört in tieferen Lagen sicherlich zu den häufigsten Straßenbäumen. Wild-Vorkommen gibt es im Osterzgebirge wohl nur wenige, so an den Weißeritzhängen bei Tharandt oder den Hängen des Rabenauer Grundes. Hier tritt die Winter-Linde insbesondere an Steilhängen und in Blockhalden auf. Winter-Linden tolerieren eine gewisse Beschattung, sind auf "normalen“ Standorten jedoch konkurrenzschwächer als die Rot-Buche [2]. Als sehr regenerationsfähige Baumart, die Verletzungen gut überwallt und auch enorme Stockausschläge bildet, toleriert die Winter-Linde beispielsweise Steinschlag besser als die Rot-Buche, und wurde bei früherer Waldnutzung (Niederwald) teils sogar deutlich begünstigt [2, 3]. Auch auf tonreicheren, schweren Böden können Anteile der Winter-Linde von Natur aus höher sein [3]. 

Die herzfömigen Blätter sind deutlich kleiner als bei der Sommer-Linde und nahezu kahl – abgesehen von den kleinen bräunlichen "Bärtchen“ in den Winkeln zwischen den Hauptnerven auf der Unterseite. Die Blütenstände hängen auch nicht nur wie bei anderen Linden-Arten, sondern ragen allseitig aus dem Laub heraus. Im Gegensatz zu der Sommer-Linde sind die Samen-Kapseln nahezu glatt und können leicht zerdrückt werden. Die Herbstfärbung kann recht attraktiv, gelblich, sein.

Winter-Linden gehören zu den langlebigen Baumarten und können ein Lebensalter von 1000 Jahren erreichen, und eine Wuchshöhe von über 35 m [2], bleiben im Freistand aber meist niedriger. Im Freistand können Winter-Linden zunächst eine sehr harmonische kegelförmige bis hoch-ovale Krone entwickeln, später werden sie deutlich grobästiger. Die Entwicklung der Kronenform gilt als "sehr individuell und unvorhersehbar“. Insbesondere an Straßen werden daher häufig Zuchtformen gepflanzt mit vermeintlich "verbesserten“ Eigenschaften, teil auch etwas schwächerem Wuchs [6].

"Eine tausendjährige Linde ist ohne ihre Pilze überhaupt nicht vorstellbar“ [1]: So treten einige Pilze als Mykorrhiza-Partner von Linden auf. Auch das Totholz der Linde wird von zahlreichen holzzersetzenden Pilzen besiedelt [1]. Da auch das weiche Holz lebender Linden relativ pilzanfällig ist, werden Linden im Alter häufig hohl, was natürlich ihre Habitatqualität enorm erhöht. Die großen Stammhöhlen (wie auch aufgegebene Spechthöhlen) sind unverzichtbar für Fledermäuse und Bilche (Sieben-, Gartenschläfer), wie auch größere Vögel wie den Waldkauz [4]. Das Laub dient als Raupenfutter für verschiedene Schmetterlinge, und die Früchte bzw. Samen der Linden werden von 13 Vogelarten genutzt [4, 8]. Die Blüten werden gern von Bienen, Hummeln und Schwebfliegen besucht. Gerade im Siedlungsbereich fallen zum Teil auch die Massen an Feuerwanzen am Stammfuß auf; diese saugen sowohl an Linden-Früchten aber auch verschiedenen Insekten. Als "schädlich“ gelten sie jedoch nicht, wie auch die anderen Insektenarten an Linden. Die wärmeliebenden Linden-Prachtkäfer treten sogar ganz überwiegend auf bereits geschwächten und vorgeschädigten Bäumen auf [4].

Nicht zu unterschätzen ist auch die kulturelle Bedeutung der Linden [2] und ihre Bedeutung als Heilpflanze. Noch heute ist die Linde eine wichtige Bienenweide, und für die Imkerei wichtig. Im forstlichen Bereich gilt die Winter-Linde als "dienende“ Baumart. In Mischung mit Eichen wird sie zum Beispiel für die "Schaftpflege“ verwendet, also um die Stämme der Eichen zu beschatten, deren Höhenwachstum zu fördern und eine Ausbildung von Zweigen bzw. Ästen am Stamm zu verhindern. Das dürfte in der Zukunft noch wichtiger werden, wenn dies mit der Rot-Buche im Klimawandel schwieriger wird [2, 3]. 

Auch Lindenholz, und hier besonders der Winter-Linde, spielt selbst eine (geringe) wirtschaftliche Rolle. So wird es für die Papier- und Zellstoffherstellung genutzt, wie auch für andere Anwendungen, bei denen ein besonders leichtes, weiches Holz benötigt wird [2]. Ohne Lindenholz keine feingliedrigen Heiligen-Figuren in den Kirchen, keine Marionetten-Köpfe der Augsburger Puppenkiste – und keine Erzgebirgische Holzschnitzkunst: So werden z.B. Spanbäumchen aus Lindenholz gefertigt.

Die Winter-Linde gilt aufgrund ihrer Dürre-Toleranz als (einheimische!) Zukunftsbaumart im Klimawandel [3]. Das gilt aber vor allem für die Waldstandorte, während Winter-Linden im Siedlungsbereich (vor allem in tieferen Lagen) zunehmend von Hitze- und Trockenstress betroffen sind, was zum Beispiel auch Ausbrüche des Linden-Triebsterbens (der Pilz Stigmina pulvinata) begünstigt. Hier hilft nur Vorbeugung, etwa durch die Erhaltung eines möglichst großen ungestörten Wurzelraumes und einer gesicherten Wasserversorgung [7].

Quellen:

[1] Blaschke, M. & Nannig, A. 2016. Die Pilzwelt der Linde. – LWF Wissen 78: 53-57.

[2] Götz, B. & Wolf, C. 2004. Tilia cordata Miller, 1888. – Enzyklopädie der Holzgewächse III-2, 38. Erg.Lfg. 12/04: 1-16.

[3] Mölder, A., Bernhardt-Römermann, M., Leuschner, C. & Schmidt, W. 2009. Zur Bedeutung der Winterlinde (Tilia cordata Mill.) in mittel- und nordwestdeutschen Eichen-Hainbuchen-Wäldern. – Tuexenia 29: 9-23.

[4] Schmidt, O. & Bußler, H. 2016. Die Winterlinde als Lebensraum für Tierarten. – LWF Wissen 78: 60-65.

[6] Schönfeld, P. 2016. Die Winterlinde und ihre Sorten als Stadtbaum. – LWF Wissen 78: 45-52.

[7] Straßer, L. 2016. Stigmina-Triebsterben an Linde. – AFZ-DerWald 4/2016: 38-39.

[8] Turček, F.J. 1961. Ökologische Beziehungen der Vögel und Gehölze. – Bratislava: 331 S.

Ergebnisse

Nr. Name Art Gemeinde Gemeindeteil Baumpate

M Mikrohabitat

Bild: Sebastian Dittrich