Schwarz-Erlen gehören eher zu den relativ kurzlebigen Vertretern der heimischen Gehölzflora: unter geeigneten - d.h. ausreichend nassen - Standortbedingungen wachsen sie zwar schnell heran, doch schon nach wenigen Jahrzehnten kulminiert die Entwicklung, und die meisten Erlenleben enden bereits nach 80 bis 100 Jahren [5]. Entsprechend sind auch die maximal erreichbaren Dimensionen eher bescheiden im Vergleich etwa mit Eichen oder Linden. Brusthöhendurchmesser (Stammdurchmesser ermittelt aus dem Umfang in 1,30 m Höhe) von über einem Meter sind recht selten. Der deutschlandweite Rekordhalter im Schlosspark von Branitz (bei Cottbus) kommt auf über 2 m BHD. Dagegen nimmt sich der derzeitige sächsische "Rekordbaum" der Art Alnus glutinosa mit BHD 1,24 m vergleichsweise bescheiden aus [1].
Die betreffende Schwarz-Erle am Liebenauer Bach war noch vor 10 Jahren der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. 2014 erfolgte die Unterschutzstellung als Naturdenkmal durch die zuständige Naturschutzbehörde, seither aber noch keine Kenntlichmachung im Gelände mit einem ND-Schild [3]. Dabei wäre dies nicht unwichtig. Noch auf einem Luftbild von Anfang 2002 sind am Liebenauer Bach mehrere weitere, ähnlich große Erlen zu erkennen [2]. Dann kam das große Sommerhochwasser, und danach die Kettensägen. Auch entlang der Trebnitz und ihrer Zuflüsse verschwanden viele Bäume einschließlich der eigentlich für die Uferstabilisierung enorm wichtigen Erlen.
Warum auch immer, durfte diese Schwarz-Erle jedenfalls weiterwachsen, obwohl sie vermutlich schon damals "Schäden" aufwies. Auf der bachzugewandten Seite ist offenbar schon vor längerer Zeit ein tiefer Ast oder Teilstamm herausgebrochen. Hier klafft seither eine große, weit im Stamm nach oben reichende Höhlung. Diese Habitatstruktur, die auch als Fledermaus-Sommerquartier infrage käme, führte zur Aufnahme des Baumes in die faunistischen Untersuchungen des Naturschutzinstituts Freiberg an ausgewählten Baumdenkmalen. Die Erwartung konnte zwar nicht bestätigt werden, aber immerhin nutzen Bart-, Mücken- und Zwergfledermaus sowie wahrscheinlich noch weitere Arten die Ufergehölze als Flugkorridor und Nahrungshabitate. Bedeutsam für Fledermäuse und Vögel sind außerdem einige in der Nähe vorhandenen, höhlenreichen Bruchweiden [4].
Angrenzend an den Bach und seinen Ufergehölzsaum erstreckt sich ein Streifen Dauergrünlands, das früher gemäht, jetzt aber vermutlich als Dauerweide genutzt wird. Damit die alte, höhlenreiche und vermutlich schon deutlich über hundert Jahre alte Schwarz-Erle noch möglichst lange die Landschaft bereichern kann, ist unbedingte Schonung des Wurzelbereichs erforderlich - sowohl bei landwirtschaftlicher Nutzung als auch bei Maßnahmen der Gewässerunterhaltung.
Immerhin ist die Gefahr des Austrocknens selbst bei Dürrephasen wie 2018/19 gering. Während der benachbarte Oberlauf der Trebnitz über viele Monate komplett trockengefallen war, floss im Liebenauer Bach immer noch Wasser aus der Kläranlage des oberhalb liegenden Dorfes.
Quellen:
[1] https://ddg-web.de/rekordbaeume.html [Filter: Alnus glutinosa] – letzter Zugriff: 22.02.2023.
[2] https://geoportal.sachsen.de/cps/historische-dop-befliegungszeitraum-1995-2004.html – letzter Zugriff: 22.02.2023.
[3] https://osterzgebirge.org/nd-schwarz-erle-am-liebenauer-bach/ – letzter Zugriff: 22.02.2023.
[4] Naturschutzinstitut Freiberg, 2022. Erfassungen zur Nutzung von Baumdenkmalen im Osterzgebirge durch Vögel und Fledermäuse. Freiberg: 52 S.
[5] Schmidt, P.A. & Hecker, U. 2020. Die wildwachsenden und kultivierten Laub- und Nadelgehölze Mitteleuropas. Quelle & Meyer – Wiebelsheim: 680 S.
Informationen
Ort
Altenberg, Stadt
Liebenau
Schutz
ND
Patenbaum
nein
Basisdaten vom 17.11.2021
Umfang
3.90 m
Durchmesser
1.24 m
Höhe
20 m
Alter
153 Jahre
Zugang
frei