Einzelbäume

Holzapfel auf den Bielatal-Biotopen

ART: Hybrid-Apfel (Malus x dasyphyllum) Mehr Informationen

Wenn die Einheimischen vom "Hulzäbblgebürsche“ ("Holzäppelgebirge“ - das Ost-Erzgebirge zwischen Geising und Glashütte) [1] sprechen, klingt das meist eher nach einem selbstironisch-abschätzigen Ton - weil hier das Klima so rau war, dass keine „richtigen“ Äpfel gedeihen. Doch heute ist die einheimische, mitteleuropäische Apfelart Malus sylvestris in den meisten Gegenden Deutschlands selten geworden. Ursachen dafür sind einerseits "genetische Drift“ infolge von unbeabsichtigten Hybridisierungen mit dem genetisch nahe verwandten Kultur-Apfel Malus pumila var. domestica, andererseits der Verlust von konkurrenzarmen Lebensräumen für den lichtbedürftigen Baum [2]. Hier im Ost-Erzgebirges, wo das Klima bis vor reichlich hundert Jahren als zu rau für "richtige“ Äpfel galt, und wo es viele lichtoffene Steinrücken, Waldränder oder Sukzessionsflächen gibt, da gedeihen die Wildapfelbäume noch. Grund für Stolz auf das "Hulzäbblgebürsche“ - und intensive Schutzbemühungen. Diesen widmet sich seit über 20 Jahren die Grüne Liga Osterzgebirge [4].

Zum Beispiel rund um die „Bielatal-Biotope“ bei Bärenstein. Im heutigen Flächennaturdenkmal „Wiesen an der Kleinen Biela“ [3] teilt eine mehrere Meter breite und hohe Böschung die Bachaue von der "Müllerwiese" auf der aufgelagerten eiszeitlichen Hangterrasse. An dieser Hangkante wächst, inmitten dynamischer Gehölzsukzession, ein recht beachtliches Wildapfel-Exemplar mit über 3 m Stammumfang - allerdings direkt über dem Boden gemessen. Nur wenig darüber teilt sich der Baum in zehn Hauptstammäste (mit Durchmessern zwischen 10 und reichlich 30 Zentimetern), die alle gemeinsam dann aber eine weit ausladende Gesamtkrone bilden. Man ist geneigt, das Alter dieses Holzäppelbaums zu überschätzen. Doch auf einer alten Postkarte mit Blick zum damaligen "Gasthof zum Bielatal“, vermutlich aus den 1920er Jahren, präsentiert sich der gesamte Hangbereich noch gehölzfrei.

Der mehrstämmige, fein verzweigten Habitus und auch die kleinen, gelblich-grünen Früchten weisen eher auf einen Holz-Apfel (Malus sylvestris) hin. Doch an den Blütenkelchen und (seltener) auch an den Blattunterseiten lassen sich mitunter einige Haare erkennen, was möglicherweise selbst für den Bielatal-Holzäppelbaum doch schon Hybridisierungseinflüsse nahelegt - hier eine "saubere" Trennung zu ziehen, mag auch für Expert*innen nicht immer leicht sein - die Natur kennt solche "Schubladen" ohnehin nicht.

Umso ungewöhnlicher war das Blühverhalten dieses Baumes bis vor einigen Jahren: In einem Jahr blühten fast nur die Außenäste, im nächsten dann fast nur der zentrale Kronenteil. Inzwischen zeigen sich jedoch meist nur noch wenige Blüten (und Früchte), oft verfärben sich schon im Spätsommer die Blätter schwarz und fallen ab. Schon mehrfach glaubte man, es ginge zu Ende mit dem (wohl doch noch gar nicht so alten) Wildapfelbaum auf den Bielatalbiotopen. 2021/22 zeichnete sich jedoch ein gewisses Wiedererstarken ab.

Derweil legen sich die Äste immer weiter nach außen. Einige berühren schon den Boden, einer der Hauptäste wurde durch Nassschneeauflage abgeknickt. Was ebenfalls sehr auffällig ist: 1995, als der Baum erstmals ins Blickfeld der Grünen Liga Osterzgebirge geriet, war er noch weitgehend frei von jeglichem Epiphytenbewuchs. Die jetzige dichte Bemoosung spricht für deutlich verbesserte Luftqualität.

Seit 1995 wurden auch mehrfach konkurrierende Gehölze entfernt bzw. auf Stock gesetzt, in erster Linie zum Erhalt der blütenbunten Offenflächen an der Eiszeitterrassenböschung (wofür diese auch mit Schafen beweidet wird), aber auch für die Entfaltungsmöglichkeiten der Wildapfelkrone. Der Baum bereichert das vielgestaltige Lebensraummosaik aus Bergwiesen, orchideenreichen Nasswiesen, Erlen-Bachauenwald und Gebüschsukzession. Im Umfeld wurden mehrere neu angezogene Wildapfelbäumchen gepflanzt. Die ersten tragen bereits ebenfalls Früchte. Ein wunderbares Stück "Hulzäbblgebürsche“!

Quellen:

[1]   Dr. Silvius Wodarz Stiftung, 2013. Der Wild-Apfel. Baum des Jahres 2013. Faltblatt.

[2]   Forst Brandenburg, 2013. Erfassung und Dokumentation genetischer Ressourcen seltener und gefährdeter Baumarten in Deutschland. Berichtsteil Wild-Apfel. Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung – Eberswalde: 126 S.

[3]   https://osterzgebirge.org/wiesen-an-der-kleinen-biela-bei-baerenstein/ – letzter Zugriff: 13.03.2023.

[4]   https://wildapfel.info/ – letzter Zugriff: 13.03.2023.

 

Informationen

Ort

Altenberg, Stadt
Bärenstein

Schutz

FND

Patenbaum

ja

Basisdaten vom 26.03.2022

Umfang

3.10 m

Durchmesser

0.99 m

Höhe

13 m

Alter

100 Jahre

Zugang

frei

Standort

Scroll/Grösse ändern: Zwei Finger oder +STRG

Naturdenkmal: Naturdenkmal hat Pate:
Kein Naturdenkmal: Kein Naturdenkmal hat Pate:

Jens009 Holzapfel Bielatal
Foto Sebastian Dittrich