Neben einer wassergefüllten kleinen Pinge im Tal des Kleinen Warmbaches, ca. 400 m vor dessen Mündung in die Wilde Weißeritz, wächst inmitten eines Fichtenaltholzes eine Ulme - wahrscheinlich die einzige in kilometerweitem Umkreis. Sicher hat sie dieser isolierten Lage zu verdanken, dass ihr das Schicksal des Ulmensterbens erspart geblieben ist, das die meisten ihrer Art in den letzten Jahrzehnten hinweggerafft hat.
Die Pinge umfasst etwa 500 m2, wovon etwa etwa die Hälfte von einem recht klaren Standgewässer eingenommen wird. Es handelt sich um eine Hinterlassenschaft des Kalkbergbaus von Rehefeld-Zaunhaus, der wahrscheinlich im 17. Jahrhundert begann und bis etwa 1900 fortgeführt wurde [1]. Wobei sich die - in späterer Zeit überwiegend unterirdische betriebene - Ausbeutung der Kalkschichten im Phyllitgestein vor allem auf einen Bereich am Kleinen Warmbach konzentrierte. Zu dem Abbau auf der gegenüberliegenden Seite des Gießhübels hier lassen sich hingegen kaum Überlieferungen finden. In den meisten historischen Karten von vor 1900 ist an dieser Stelle kein Bergbau verzeichnet. Wohl aber ist auf einer Kartenzeichnung von ca. 1800 ein „Königl. Kalkofen“ eingetragen und sogar in roter Farbe hervorgehoben [3]. Auf dem Meilenblatt von 1876 findet sich an dieser Stelle noch ein „Kalkofen“ [4]. Das Messtischblatt von 1910 zeigt bereits eine wassergefüllte Senke - inmitten von Nadelwald [2]. Es ist also davon auszugehen, dass spätestens mit dem Ende des Kalkofens gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Gegend mit Fichten aufgeforstet wurde. Im schwierigen Terrain und begünstigt durch das vom Pingengewässer unterbrochene Kronendach konnte sich wahrscheinlich auch die Berg-Ulme ansiedeln.
Auf Hinweis eines Forstbezirksmitarbeiters wurde der Baum 2010 zur Unterschutzstellung als Naturdenkmal ausgewählt [5]. Diese erfolgte vier Jahre später - worauf aber bis heute keine entsprechende Beschilderung hinweist. Bemerkenswert sind an dieser Stelle auch die Dimensionen der umgebenden Fichten, obwohl die Rehefelder Weißeritzweitung bis Ende der 1990er Jahre oft besonders stark von Schwefeldioxidbelastungen betroffen war, die die Fichtenbestände der Gegend großflächig absterben ließen. Möglicherweise konnte der kalkhaltige Boden hier dem "sauren Regen" eine gewisse Pufferwirkung entgegensetzen. Die vergangenen Trockenjahre hingegen haben auch hier dafür gesorgt, dass der Fichtenbestand Lücken bekommen hat. Dies wiederum setzte die schmale, vorher recht eingeklemmte Krone der Berg-Ulme den Raueisanhängen ("Anraum") und Nassschneeauflagen aus, die ebenfalls in den letzten Jahren besonders heftig ausfielen. Mehrere größere Astabbrüche mitsamt der daraus resultierenden Wunden waren die Folge.
Im Stammfußbereich weist der Baum eine größere Höhlung auf, die keine "offene Wunde" darstellt, aber möglicherweise von Tieren als Unterschlupf genutzt wird. Die tiefen Risse der Borke werden von Buntspechten als Schmieden genutzt, um in der Nähe gesammelte Fichten-Zapfen zu öffnen. Gegenüber der ersten Erfassung 2010 hat die Stammbedeckung durch epiphytische Moose und Flechten noch einmal deutlich zugenommen, was auf verbesserte Luftqualität hinweist. Auch die höchsten Kronen-Äste sind dicht mit grauen Flechten besetzt.
Mit 25 m Höhe und aktuell 2,70 m Umfang (2010: 2,50 m) ist das Exemplar noch weit von den Dimensionen entfernt, die bei dieser Baumart als möglich gelten [6], aber ihre isolierte Lage, die Wasserverfügbarkeit und die vom Kalkphyllit begünstigte Nährstoffversorgung lassen die Hoffnung zu, dass das Naturdenkmal "Berg-Ulme am Gießhübel" gute Zukunftsperspektiven hat.
Quellen:
[1] Hoth, K., Krutský, N., Schilka, W. & Schellenberg, F. 2010. Marmore im Erzgebirge. Bergbau in Sachsen Band 16. Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Freiberg: 227 S.
[2] https://www.deutschefotothek.de/documents/obj/71056158 Messtischblatt Altenberg 1910 – letzter Zugriff: 13.03.2023.
[3] https://www.deutschefotothek.de/documents/obj/90009455 Karte der Wilden Weißeritz bei Rehfeld-Zaunhaus, 1:5 000, kolorierte Handzeichnung, um 1800 – letzter Zugriff: 13.03.2023.
[4] https://www.deutschefotothek.de/documents/obj/90011757 Meilenblatt 1876 Rehefeld – letzter Zugriff: 13.03.2023.
[5] https://osterzgebirge.org/nd-berg-ulme-am-giesshuebel-rehefeld/ – letzter Zugriff: 13.03.2023.
[6] Schmidt, P.A. & Hecker, U. 2020. Die wildwachsenden und kultivierten Laub- und Nadelgehölze Mitteleuropas. Quelle & Meyer – Wiebelsheim: 680 S.
Informationen
Ort
Altenberg, Stadt
Rehefeld–Zaunhaus
Schutz
ND
Patenbaum
nein
Basisdaten vom 20.11.2021
Umfang
2.70 m
Durchmesser
0.86 m
Höhe
25 m
Alter
105 Jahre
Zugang
frei