Einzelbäume

Eibe am Müglitzhang bei Schlottwitz (1000j. Eibe)

ART: Gewöhnliche Eibe (Taxus baccata) Mehr Informationen

An den steilen Hängen des Müglitztales über der Ortschaft Schlottwitz – heute innerhalb eines Naturschutzgebietes – findet sich die stärkste Eibe Sachsens, die auch bundesweit zu den ältesten und größten Exemplaren ihrer Art gehört [5]. Das tatsächliche Alter lässt sich wegen des seit langem schon hohlen Stamm nicht mehr ermitteln, alle Schätzungen in der Literatur sind rein spekulativ [2, 3]. Die der Eibe zugesprochenen 1000 Jahre dürften jedoch weit übertrieben sein. 

Der Eibenbestand am Lederberg zwischen Schlottwitz und Großröhrsdorf gilt als das größte verbliebene natürliche Vorkommen dieser geschützten Baumart in Sachsen [3]. Umso erstaunlicher, dass dieser bei der umfangreichen Beschreibung der Eibenvorkommen durch Paul Korschelt Ende des 19. Jahrhunderts fehlt [9]. Für die vergangenen reichlich 100 Jahre lässt sich die Geschichte der Schlottwitzer Eiben und ihrer mächtigsten Vertreterin hingegen gut recherchieren (eigentlich: Vertreter - bei der 1000jährigen Eibe handelt es sich um ein männliches Exemplar). 1918 erschien in den Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz eine erste schriftliche Darstellung [1], mitsamt sehr interessanten Fotos (die schon um 1910 entstanden sein sollen [4]). Auf diesen ist der damals noch fast gänzlich kahle Lederberghang zu erkennen, auf dem sich zahlreiche Eiben deutlich abheben (nach [1] "50 oder 100 oder noch mehr?"). Eines der Fotos zeigt die "stärkste Eibe im Müglitztal" - von "tausendjährig" war damals noch nicht die Rede - und gibt dafür einen Stammdurchmesser "gegen 3/4 m" an. Dies entspräche rechnerisch einem Umfang von 2,35 m - mindestens einen Meter weniger als heute!

Weitere Fotos aus den 1920er Jahren [z.B. 8] zeigen den Baum noch mit vitaler, pyramidenförmiger Krone. In Meinholds Routenführer taucht 1922 das erste Mal schriftlich die Bezeichnung "Tausendjährige Eibe" auf [16]. 1939 erfolgte die Ausweisung als Naturdenkmal [15]. 1964 wird in den "Werten der deutschen Heimat" bereits konstatiert: "Der Wipfel dieses Baumrecken ist vor einigen Jahrzehnten dem Sturm zum Opfer gefallen. Trotzdem befindet sich diese Eibe noch in einem recht guten Entwicklungszustand" [11]. 1974 wurde der "Eibensteilhangwald im Müglitztal" als Naturschutzgebiet ausgewiesen, aus dem später das heutige NSG "Müglitzhang bei Schlottwitz" hervorging. [13]

Inzwischen hat die Eibe einen (angesichts der Hanglage schwer zu messenden) Stammumfang von ca. 3,60 m erreicht, nennenswertes Dickenwachstum scheint in den letzten Jahrzehnten nicht mehr zu erfolgen. Der Stamm ist durchgehend hohl und beschränkt sich auf einen relativ schmalen Streifen Splintholz. Da aber die Baumhöhe nur noch weniger als 10 Meter beträgt, kann dennoch von gesicherter Standfestigkeit des Baumes ausgegangen werden. Für die Vitalität des Baumes spricht, wie gut sich das Splintholz gegenüber der innen angrenzenden Höhlung abgekapselt hat. Von Heimatfreunden immer mal wieder angeregte "Stabilisierungsmaßnahmen" am Stamm würden der alten Eibe mit hoher Wahrscheinlichkeit eher schaden als nutzen! Nur sehr wenige dürre Zweige in der recht dichten, so breiten wie hohen Krone und zahlreiche Austriebe, auch direkt am Stamm (Wasser-Reiser), weisen auf die noch immer hohe Lebenskraft hin. Diese offensichtliche (und in den letzten 30 Jahren scheinbar sogar wieder zunehmende!) Vitalität verdankt der Baum der kleinen Sickerwasserquelle am Fels dahinter, die selbst in Trockenzeiten wie 2018, 2019 und 2022 zuverlässig Kluftwasser schüttet. Im Winter ergeben sich daraus oft bizarr wirkende Kontraste zwischen dem vereisten Fels und dem dunkel benadelten Baum.

Seit Jahrzehnten ist die 1000-jährige Eibe ein beliebtes Wanderziel und wird auch entsprechend intensiv beworben [z.B. 10, 12]. So zeigen sich inzwischen Anzeichen touristischer Übernutzung, wobei kleine Einritzungen in der Rinde noch das geringere Übel sind. Noch bedenklicher ist das starke Betreten des Untergrundes unter der Eibe, was den Bodenbewuchs und die Streuauflage nahezu zerstört und bis in die 1980er Jahre die Hauptwurzeln freigelegt hat [14]. Betrachtet man diverse Darstellungen der Eibe auf Schildern in der Umgebung, wird der heute sichtbare Wurzelansatz offenbar als normal empfunden. Aber noch in den 1920er Jahren waren der Unterwuchs dagegen relativ intakt und die Wurzeln stärker bedeckt [7].

Einerseits ist die Widerstandsfähigkeit des Baumes über so lange Zeit beeindruckend. Aber es würde sicher nicht schaden, wenn das Betreten durch eine wenigstens symbolische Sperre eingeschränkt würde. Das Wege-Gebot gilt im Naturschutzgebiet aber ohnehin! Auch könnte das Wurzelwerk – soweit es die Hanglage überhaupt zulässt – mit Mulch oder ähnlichem abgedeckt werden. Dann wäre es zumindest wahrscheinlicher, dass sie ihr angebliches Alter auch tatsächlich erreicht. Ebenso wichtig ist eine Sicherung des Nachwuchses. So sorgen die engagierten engagierten Schlottwitzer Heimatfreunde und der Forstbezirk Neustadt mit dem Verbiss-Schutz von Jungeiben dafür, dass diese wunderbare heimische Baumart hier auch künftig erhalten bleibt. [6] 

Quellen:

[1] Braeß, M. 1918. Die Eiben im Müglitztal. – Mitt. Landesverein Sächs. Heimatschutz VII 1/4, S. 30-34

[2] Fröhlich, H.J. 1993. Wege zu alten Bäumen 11. Sachsen. – Frankfurt/M.: 200 S.

[3] Grüne Liga Osterzgebirge Hg. 2007. Naturkundliche Wanderziele im Ost-Erzgebirge. Band 3 Naturführer Ost-Erzgebirge. Sandstein-Verlag Dresden, S.547

[4] Hempel, W. & Schiemenz, H. 1986. Handbuch der Naturschutzgebiete der DDR Bd. 5. – Leipzig, Jena, Berlin: 360 S.

[5] https://ddg-web.de/rekordbaeume.html [Filter: Taxus baccata] – Letzter Zugriff: 14.12.2022

[6] https://osterzgebirge.org/eibenaktionstag-im-naturschutzgebiet-am-mueglitzhang-bei-schlottwitz-staatsbetrieb-sachsenforst – letzter Zugriff: 27.11.2023

[7] https://www.deutschefotothek.de/documents/obj/72003831 [unbek. Fotograf, vor 1928] – letzter Zugriff: 27.11.2023

[8] https://www.deutschefotothek.de/documents/obj/72002909 [A. Wiese: Foto "Eibe am Hang des Müglitztales bei Niederschlottwitz", 1923] – letzter Zugriff: 27.11.2023

[9] Korschelt, P. 1897. Ueber die Eiben und deutsche Eibenstandorte. – Tharandter Forstliches Jahrbuch 47: 107-171.

[10] Morgenstern, J. 2022. Wanderführer Schlottwitz und Umgebung (Broschüre). – Schlottwitz: 52 S.

[11] Müller, G. 1964. Zwischen Müglitz und Weißeritz. Werte der deutschen Heimat, Band 8. Akademie-Verlag – Berlin: 220 S.

[12] Rölke, P. Hg. 2007. Wander- & Naturführer Osterzgebirge. – Dresden: 288 S.

[13] SMUL (Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft, Hg.) 2008. Naturschutzgebiete in Sachsen. – Dresden: 720 S.

[14] Stahr, R. 1982. Untersuchungen zum Vorkommen der Eibe (Taxus baccata L.) im Tharandter Wald. – Diplombarb. TU Dresden: 57 S.

[15] StUFA Radebeul (Staatliches Umweltfachamt Radebeul, Hg.) 2004. Naturschutz regional: Baum-Naturdenkmale in der Region Oberes Elbtal/Osterzgebirge. – Radebeul: 137 S.

[16] Süss, W. 1922. Meinholds Routenführer, Nr. 3 Dresden und Umgebung. – Dresden: 47 S.

[17] Ulrich, B., Kühn, U. & Kühn, S. 2006. Unsere 500 ältesten Bäume. 2. Aufl. – München: 319 S.

Informationen

Ort

Glashütte, Stadt
Schlottwitz

Schutz

ND

Patenbaum

nein

Basisdaten vom 23.11.2021

Umfang

3.60 m

Durchmesser

m

Höhe

8 m

Alter

550 Jahre

Zugang

frei

Standort

Scroll/Grösse ändern: Zwei Finger oder +STRG

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